13.04.2012 | von Dracovina | | Kommentare (17)
Abschnitte in unserem Leben
Schließe die Tür, lege eine andere CD ein, säubere deine Wohnung, wische Staub. Lasse sein, was war und verwandele dich in das, was du bist.
„Abschnitte in unserem Leben“ — so lautet der Titel des Textes, aus dem dieses Zitat stammt. Er ist scheinbar sehr begehrt und wird von einigen Bloggern übernommen, u.a. auch von Melanie , wo ich ihn das erste Mal entdeckt habe. Dieser Satz ist einer der wenigen Aussagen des Textes, der meine volle Zustimmung erhält. Warum ich so denke, welche Überlegungen des Werkes ich überhaupt nicht unterstütze und welchen Rat ich an andere Menschen weiter geben möchte, erkläre ich euch in diesem Beitrag.
Jeder Mensch durchlebt verschiedene Abschnitte in seinem Leben und beginnt nach einem Abschluss, egal, ob er erfolgreich oder nur noch entmutigend war, ein neues Kapitel. Sei es die bestandene Fahrschulprüfung, der Erhalt des ersten Schulabschlusses, das Ende der ersten Beziehung, ein Umzug, der Abbruch oder Abschluss der Ausbildung oder des Studiums, der Wechsel zu einem neuen Arbeitgeber, die Heirat, Familienzuwachs oder sogar ein Todesfall. Sehr oft müssen wir uns auf etwas Neues einstellen, was nicht immer einfach ist.
Erfahren wir einen tiefen Rückschlag im Leben, dürfen wir nicht versuchen, das zu erhalten, was eigentlich gar nicht mehr existiert. Dinge kommen und gehen. Und in manchen Fällen ist es sicher besonders schwer nicht in der Vergangenheit zu leben. Nach einer gescheiterten langjährigen Beziehung ist es völlig okay traurig zu sein und sich zu fragen, was schief gelaufen ist. Es ist auch völlig okay, wenn man sich darüber viele Gedanken macht. Man sollte sich aber nicht zu lange mit dem „warum“ beschäftigen. Dies gilt für alle Tiefpunkte. „Warum passiert gerade mir so etwas? Warum gerade ich? Was habe ich falsch gemacht?“
Die Antwort darauf ist manchmal vielleicht nicht zu glauben, aber meistens hat man selbst gar nichts verkehrt gehandelt. Jeder Mensch ist anders, Menschen verändern sich, Menschen werden geboren und Menschen sterben. Es gibt Dinge im Leben, die man nicht beeinflussen kann. Daher ist es nicht wichtig, sich zu fragen, warum etwas passiert, sondern dass man nach einer Zeit damit abschließt, daraus lernt und offen für Neues wird.
Abschnitte abschließen, Türen schließen, Kapitel beenden. Es ist nicht wichtig, welchen Namen wir dafür geben, wichtig ist, die Momente des Lebens, die beendet sind, in der Vergangenheit zu lassen.
Trauert man einer Sache nach, kann man nicht mehr im Hier und Jetzt leben. Die Gedanken versinken in das, was war und man kann sich nicht auf die gegenwärtigen Dinge konzentrieren. Sie sind viel wichtiger in unserem Leben, da sie uns und unsere Zukunft mehr oder weniger beeinflussen (werden). Wir leben in der Gegenwart und nicht in der Vergangenheit.
Deswegen ist es überaus wichtig (so schmerzhaft es auch sein mag!) Andenken zu zerstören, in ein neues Haus zu ziehen, Sachen ins Waisenhaus zu geben, Bücher zu verschenken oder zu verkaufen, die wir haben.
Dem stimme ich allerdings überhaupt nicht zu. Natürlich sollte mit dem abgeschlossen werden, was war, aber dies heißt nicht, das alles zu zerstören, was aus dieser Zeit stammt. Durch die Entfernung der materiellen Dinge, die wir mit negativen Gefühlen in Verbindung bringen, löschen wir nicht diesen, vielleicht schlechten, Teil des Lebens, dadurch wird er meiner Meinung nach höchstens verdrängt. Es sollte mit dem Problem gearbeitet werden, man sollte sich wirklich klar werden, dass soeben etwas sein Ende gefunden hat. Aber das Ende des Alten bedeutet gleichzeitig der Beginn etwas Neuem.
Man sollte sich darüber bewusst werden, dass sein Leben nicht nur aus diesem traurigen oder unglücklichen Teil besteht, sondern dass es viel mehr als ein Abschnitt ist. „Das Licht am Ende des Tunnels“ muss entdeckt und bewusst wahrgenommen werden. Nichts ist für die Ewigkeit — auch nicht die Wut oder die Trauer — alles geht vorbei.
Bis der Tod uns scheidet.
Es gibt so viele schöne Momente im Leben, die in so einer Zeit eher in den Hintergrund gedrängt werden. Besonders, wenn ein Rückschlag dem anderen folgt und man wirklich von einer Pechsträhne verfolgt wird. Aber egal, was passiert, gerade dann sollte jeder Mensch die guten Dinge nicht aus den Augen verlieren. Sei es die zufriedenstellende Arbeit, eine bestandene Prüfung, die liebe Familie, wahre Freunde, der Partner für das Leben oder einfach nur ein wunderschöner Tag, an dem man die Natur mit ihren Faszinationen beobachten kann. Nicht alles ist schlecht — auch wenn das in manchen Momenten schwer zu glauben ist.
Erwarte nicht, dass du etwas zurückbekommst, erwarte nicht, dass jemand deine Anstrengungen wahrnimmt, dass jemand dein Genie erkennt, dass jemand deine Liebe versteht. Höre auf damit dein emotionales TV-Gerät einzuschalten und immer dasselbe Programm anzusehen, das zeigt, wie du unter einem bestimmten Verlust leidest: dies vergiftet nur, und sonst nichts.
Meiner Meinung nach kann man gewisse Dinge im Leben erwarten! Jemand gibt dir etwas zurück, jemand erkennt dein Genie, jemand versteht deine Liebe. Wenn es nicht der feste Partner ist, dann ist es der beste Freund oder sind es die Eltern, vielleicht sogar auch „nur“ der Arbeitskollege. Es gibt Personen im Leben eines jeden Menschen, die einen verstehen, die einem sehr viel geben, bei denen wir Halt finden. Natürlich sollte man dabei nicht in Selbstmitleid versinken, in der Hoffnung, die lieben Menschen, die einem nahe stehen, trösten einen und stimmen zu, wie schrecklich doch alles sei. Damit wird sicher niemandem geholfen.
Die wahren Helfer treten einen regelrecht in den Hintern, damit wir wieder auf die Beine kommen und merken, dass es so nicht weiter gehen kann. Eine traurige Phase, in der wir nur eine starke Schulter brauchen, sollte dabei zwar nicht fehlen, aber die Grenzen sollten auch nicht überschritten werden. Irgendwann ist genug. Irgendwann gelangt man an einem Punkt, an dem wir selbst merken sollten, dass etwas ganz gewaltig schief geht. Und wenn wir das nicht selbst merken, müssen uns die Menschen um uns herum daran erinnern. Manchmal müssen jedem Mal die Augen geöffnet werden. Und dann ist die Zeit gekommen. Die Zeit für Veränderungen.
Am besten kann man meiner Meinung nach mit einer Sache abschließen, wenn man etwas mehr oder minder kleines in seinem Leben ändert. Das erweckt physisch und optisch das Gefühl, dass nun ein anderer Lebensabschnitt beginnt. Eine neue Frisur, neue Kleider, hier und da ein paar Möbel umgestellt, ein Frühjahrsputz. Diese kleinen Dinge können manchmal Wunder bewirken. Es ist so etwas wie ein Zeichen — ein Zeichen dafür, dass wir nun bereit sind etwas Neues zu beginnen.
Diese geschriebenen Zeilen möchte ich persönlich jedem nahe legen. Natürlich, jeder sieht es anders und hat eine eigene Meinung. Aber denkt man ein wenig darüber nach, kommt man sicherlich zu einem ähnlichen Ergebnis. Wie denkt ihr darüber? Sollte, wie im originalen Text "Abschnitte in unserem Leben" beschrieben, wirklich so mit Lebensabschnitten umgegangen werden? Sollten Andenken zerstört werden, sollte man sich im Endeffekt als ein „Nichts“ betrachten? Ähnlich kommt es nämlich bei mir an. Wie ich eben erläutert habe sehe ich diese Punkte überhaupt nicht so. Was meint ihr? Vielleicht mache ich mir auch viele Gedanken über die Welt…
Wer mag, kann sich hier den originalen Text „Abschnitte in unserem Leben“, auf den ich hier eingegangen bin, durchlesen:
Abschnitte in unserem Leben
Immer muss man wissen wenn ein Abschnitt zu Ende ist.
Wenn wir darauf bestehen diese weiter zu verlängern als notwendig, verlieren wir die Freude und das Gefühl der anderen Abschnitte die wir leben müssen.
Abschnitte abschließen, Türen schließen, Kapitel beenden. Es ist nicht wichtig welchen Namen wir dafür geben, wichtig ist die Momente des Lebens die beendet sind in der Vergangenheit zu lassen.
Wurdest du bei der Arbeit entlassen? Hast du eine Beziehung beendet? Hast du das Haus deiner Eltern verlassen?
Reist du ab um in einem anderen Land zu leben? Eine lange kultivierte Freundschaft verschwand auf einmal ohne Erklärung?
Du kannst viel Zeit damit verbringen dich zu fragen warum das geschehen ist.
Du kannst zu dir selbst sagen dass es keinen nächsten Schritt geben wird, solange du nicht verstanden hast warum bestimmte Dinge, die sehr wichtig und stabil waren, sich auf einmal in Staub aufgelöst haben.
Aber ein solches Verhalten ist immens anstrengend für alle: deine Eltern, deinen Ehemann oder deine Ehefrau, deine Freunde, deine Kinder, deine Geschwister, alle schließen Abschnitte ab, blättern um, gehen vorwärts, und alle leiden daran zu sehen wie du stehen bleibst.
Niemand kann gleichzeitig in der Gegenwart und in der Vergangenheit leben, nicht mal dann wenn wir versuchen die Dinge zu verstehen die mit uns geschehen.
Was vorbei ist wird nicht zurück kommen: wir können nicht ewig Kind sein, Jugendliche, Kinder die sich schuldig fühlen oder nachtragend mit den Eltern sind, Liebende die Tage und Nächte damit verbringen auf einen Anruf von jemanden zu warten der gegangen ist und nicht die geringste Absicht hat zurück zu kommen.
Die Dinge gehen vorbei, und das Beste was wir tun können ist sie wirklich gehen zu lassen.
Deswegen ist es überaus wichtig (so schmerzhaft es auch sein mag!) Andenken zu zerstören, in ein neues Haus zu ziehen, Sachen ins Waisenhaus zu geben, Bücher zu verschenken oder zu verkaufen die wir haben.
Alles in dieser sichtbaren Welt ist eine Manifestation der unsichtbaren Welt, wie das was in unserem Herzen geschieht.
Lass es gehen. Lasse los. Löse dich.
Niemand in diesem Leben spielt mit gezinkten Karten, deswegen gewinnen wir manchmal und manchmal verlieren wir.
Erwarte nicht dass du etwas zurückbekommst, erwarte nicht dass jemand deine Anstrengungen wahrnimmt, dass jemand dein Genie erkennt, dass jemand deine Liebe versteht.
Höre auf damit dein emotionales TV-Gerät einzuschalten und immer dasselbe Programm anzusehen, das zeigt wie du unter einem bestimmten Verlust leidest: dies vergiftet nur, und sonst nichts.
Es gibt nichts Gefährlicheres als zerbrochene Liebesbeziehungen die nicht akzeptiert werden, Versprechungen für eine neue Stelle im Beruf welche kein exaktes Datum für den Beginn haben, Entscheidungen die immer wieder im Namen des „idealen Moments“ verschoben werden.
Bevor ein neues Kapitel begonnen wird, muss das alte geschlossen werden: sage zu dir selbst dass das was vorbei ist, niemals zurückkommen wird.
Erinnere dich daran dass es eine Zeit gab als du auch ohne diese oder jene Person gelebt hast – niemand ist unersetzlich, eine Gewohnheit ist keine Notwendigkeit.
Es kann offensichtlich erscheinen, doch kann es schwierig sein, doch ist es sehr wichtig.
Schließe Abschnitte ab. Nicht wegen des Stolzes, nicht wegen Unfähigkeit oder wegen Souveränität, sondern weil es schlichtweg nicht mehr in dein Leben passt.
Schließe die Tür, lege eine andere CD ein, säubere deine Wohnung, wische Staub. Lasse sein was war und verwandele dich in das was du bist.
Verwandle dich in eine bessere Person und vergewissere dich dass du gut weißt wer du selbst bist, bevor du jemanden kennen lernst und du darauf wartest dass er sieht wer du bist...
Und erinnere dich:
"Alles was geschieht, geschieht aus einem bestimmten Grund."
(Fernando Pessoa)
© Oktober 2007 by Vince6969 / Progressive Seduction
Quelle eines Bildes (mit * im Titel markiert)
Vielen Dank an Fyn von Brokenstars für die freundliche Erlaubnis Dein Bild hier zu nutzen.
Außerdem lieben Dank an Jule S. und Mietze Katrin für das mehr oder weniger freiwillige Photoshooting mit mir und ebenfalls die Erlaubnis Eure Fotos hier präsentieren zu dürfen.
Ähnliches zu "Abschnitte in unserem Leben":
Dracovina
19. April 2012, 19:00 Uhr
Vielen Dank :)
Also ich muss sagen, wenn man das Thema etwas konkretisiert, dann finde ich es auch in manchen Fällen auch verständlich, wenn die materiellen Dinge dann entfernt werden, wie z.B. in deinem Fall. Aber allgemein kann aber trotzdem sagen, denke ich, dass es nicht zwingend sein muss.
Mh, ja... manchmal, kann ich mir auch vorstellen, ist es so, dass es nach einer Trennung wohl das Beste ist, alles wirklich wegzuwerfen... aber dann sehe ich wieder, dass es ja auch gute Zeiten gegeben haben muss. Aber wie du sagtest, da denkt auch jeder anders, verstehen kann ich irgendwie beide Seiten.
Ja, also wenn der Autor dieses Thema damit meinte, dann kann man manchmal wirklich nichts mehr erwarten... im schlimmsten Fall. In der Regel sollte es aber schon sein, denke ich, dass man noch vernünftig miteinander sprechen kann. Schließlich hatte man, wie gesagt, auch eine gute gemeinsame Zeit.